ENTWEDER ODER: TOPOGRAFIE EINER FREISCHALTUNG DES SELBST
Das »Haus des Selbst« hat sich gewandelt, seine Portale sind rätselhaft
verschlüsselt und bisweilen schwer zu lokalisieren. Was wir jedoch
vorfinden sind semiotische Architekturgebilde, polymorphe Schaltkreise
und Visionen des Eintretens in obskure Arenen der Numerologien. Einsen
und Nullen formieren rhythmisch die schwammigen Fundamente unserer
utopischen Gemeinplätze, nach denen es zu fahnden gilt. Mikroskopische
Rasterpunkte »bepixeln« und bespitzeln zudem die Orte des anderswo, an
die wir uns nicht heranwagen, die wir aber umso geometrischer zu
infiltrieren begehren. Doch außerhalb gibt es wohl längst keinen Raum
mehr, der sich bereitwillig kolonialisieren oder biometrisch erfassen
lassen will. Und dennoch eröffnen neue topologische Verpflanzungen die
Sehnsucht nach Einverleibung des möglichen anderen Ortes, der sich nur
artig bewohnen lassen soll. Aber das heimelige Innen ist mutiert und
fordert andere Visualisierungspraktiken der Ankunft. Innen wie Außen
werden zu Metaphern im hyperrealen Raum biomorpher
»Kartographierungspraktiken«. Wo wohnt das Selbst, das im Streugebiet
der Interaktionsfelder hin- und hergeschleudert wird? Die vermeintliche
Selbstausschaltung bedient sich eines listigen Tricks. Der Ort des
Aufenthaltes wird zum großen »karnevalesken« Ereignis der Affinitäten,
während das babylonische Phantasma des zyklopischen »Einen« an seiner
Monumentalität zugrunde geht. Die eine physikalische und scheinbar
präexistente Natur erweist sich als Zerspiegelung unserer Selbst. Sie
ist zu einer Figuration und zugleich zu einem Aktanten ihrer
Rekontextualisierung geworden. Dem Ideal des architektonischen Vor- und
Überbaus wird sie längst nicht mehr gerecht. Sie ist über das
schlichtweg Materielle erhaben. Eine Neupositionierung des Selbst
vollzieht sich, so scheint es also, in Verhandlungsräumen, die sich in
einer Kopplung und Verkörperung von lokalen Tropen ereignet.
Dem griechischen Trópos zufolge, versteht sich Natur als Windung und Wendung, sie ist ebenso Artefakt, Bewegung, wie rhetorische Figur. Sie ist Handlungsspielraum und Ereignis in dem sich Welten eröffnen. Im Akt des Wohnens aber vollzieht sich etwas sehr Spezifisches. Das Selbst schaltet sich frei in einen Raum der Spieler, bewohnt diesen gleichsam durch jeden Satz, durch jeden Impuls, mit jedem Blick. Es sendet Signale, verspricht Textkörper und Sinnkontexte, kodiert Bekenntnisse, dechiffriert Sehnsüchte, installiert Geborgenheit. Heidegger spricht von der Sprache als dem Haus des Seins, das als Sprache zu sich selbst kommt. Ein Selbst als »FileExistence« wird in solch einem Kontext zu einem Hochgeschwindigkeitsprotokoll vitalsten Informationsgehaltes. Längst ist auch der organische Körper in seinen Bestandteilen zu einem Sekundärraum geworden und das Selbst zur signifikanten Gattin seiner zirkulierenden Botenstoffe. Der Globus erfährt hier eine Art inverser Expansion, das Außen ist uns zum Nächsten geworden und der Kosmos der Innerlichkeit zum unendlich Horror Vacui. Nach der apokalyptischen Invasion des offenen Raumes, schreit man nun notwendig hysterisch nach Abnabelung vom archaischen Ursprungsmythos und der letalen Verheißung der totalitären Allmacht, um nicht in den Abgrund gerissen zu werden. Das Faktische manifestiert sich fragmentarisch in virtuellen Parallelräumen, die sich zu bestimmten Zeiten und unter spezifischen Bedingungen einander annähern oder kreuzen. Räume erscheinen und verlöschen an Kreuzungen im Gemenge der Signifikanten. In einer Zeit der Implosion der Dualismen von Subjekt und Objekt, von Innen und Außen, von Idealismus und Naturalismus, von Künstlichem und Nichtkünstlichem, scheint nichts Originäres mehr lokalisierbar. Wir rekurrieren auf Simulakren und Hologramme, die zwar historisch, aber ohne Ursprung geblieben sind. Wie selbstlos darf ein partielles Selbst in solch nomadischen Zeiten sein, um überhaupt bestehen zu können? Wir werden zur virtuellen Ressource unserer selbst. Identität ist zu einer Applikation geworden, der jegliche anthropologische Konstante abhanden gekommen ist. Die Programmatik solch postmoderner Entwürfe des Selbst, verheißt nichts Biblisches mehr. Die Arche Noah der Identitäten, treibt längst nicht mehr an der Oberfläche des Sichtbaren. Unsere Hausboote und Bauwerke haben sich in uns verkrochen, bewohnen uns, treiben uns auf Reisen in ein ungeahntes Selbst, das unter die Haut geht. »Nanolabs« und »Mikrofluide« bilden exzentrische Highways des Lebens, generieren »Architanten« und »Archonauten« in den Weiten der Mikroozeane. Stellt sich hier nicht zwangsläufig die Frage nach einer Architektonik der Innerlichkeit? Der Himmel über uns ist zum Gesetz in uns geworden. Und welche Gesetze ermächtigen ein Selbst im integrierten Schaltkreis, das sich nirgendwo mehr befindet? Welche Prothesen zur Beschreibung einer neuen Optik werden obligat um ein solches Selbst nicht aus den Augen zu verlieren? Oder wird hier womöglich abermals die Herrschaft des »einen« stigmatisierenden Sichtfeldes veranschlagt? Wo entstehen die Visionen von Weltgebäuden, die längst nicht mehr nur eine vollkommene Welt beherbergen? Wer sind die partialen und artefaktischen Demiurgen, die jeglichen Holismus scheuen und dennoch Netzwerkkolonien in interaktiven Zwischenräumen zu gründen vermögen? Ich befinde mich auf der Suche nach eben solchen A-Topoi, die eigenwillige Räumlichkeiten für Schnittperspektiven eröffnen, um zahllosen Akteuren an zahlenlosen Nicht-Orten, zahllose Spielvarianten zu ermöglichen. Der strukturierte Aufbau eines komplexen Ganzen hat sich als Architektur der Semantik von »Mikro-Größen« herausgestellt. Wir sind komplex interagierende Gebilde, die einander in jeder Sekunde, zu jeder Zeit, mit jedem Wort begegnen und konstituieren. Wir fühlen uns da zu Hause, wo wir unter bestimmten Rahmenbedingungen, auf gemeinsame Sprachformen treffen. Wie sehr sehnen wir uns nach einem erbaulichen Satz, nach einer erbaulichen Minute, nach einem Akt des Aufeinandertreffens, der sich nicht zuletzt durch den Prozess der Verschaltung Einzelner ergibt. Wir wohnen, indem wir uns einander nähern und so »ent-fernen«, also Ferne wegnehmen, die wiederum die Differenz einer anderen Position eröffnet. Solche Positionierungsstrategien oszillieren zwischen lokalen Perspektiven, die sehr variabel und dennoch präsent sind.
Entweder – Oder beschreibt daher ein Modell der kreativen Selbstausschaltung, das einer Menagerie an Freischaltungen von Selbstentwürfen, entsprechen könnte. Dabei verfalle ich gerne einem Gedanken, der nicht aufhören will, mich aus dem Diskurs der wissenschaftlichen Verbindlichkeiten und seines Jargons der Uneigentlichkeit hinauszujagen. »Entweder – Oder« bedeutet mir eine Geschichte, die sich ständig »Selbst« neu erfinden muss. Und hier mag die volle Kontingenz meines Daseins zum tragen kommen, jede Ausschaltung der monströsen Narrative, die alles an mir zu einem Produkt der großen Perioden verkommen lassen, erweist sich als essentielles Bedürfnis. Nein, meine Geschichte muss aufhören, die Geschichte aller zu sein.
Dem griechischen Trópos zufolge, versteht sich Natur als Windung und Wendung, sie ist ebenso Artefakt, Bewegung, wie rhetorische Figur. Sie ist Handlungsspielraum und Ereignis in dem sich Welten eröffnen. Im Akt des Wohnens aber vollzieht sich etwas sehr Spezifisches. Das Selbst schaltet sich frei in einen Raum der Spieler, bewohnt diesen gleichsam durch jeden Satz, durch jeden Impuls, mit jedem Blick. Es sendet Signale, verspricht Textkörper und Sinnkontexte, kodiert Bekenntnisse, dechiffriert Sehnsüchte, installiert Geborgenheit. Heidegger spricht von der Sprache als dem Haus des Seins, das als Sprache zu sich selbst kommt. Ein Selbst als »FileExistence« wird in solch einem Kontext zu einem Hochgeschwindigkeitsprotokoll vitalsten Informationsgehaltes. Längst ist auch der organische Körper in seinen Bestandteilen zu einem Sekundärraum geworden und das Selbst zur signifikanten Gattin seiner zirkulierenden Botenstoffe. Der Globus erfährt hier eine Art inverser Expansion, das Außen ist uns zum Nächsten geworden und der Kosmos der Innerlichkeit zum unendlich Horror Vacui. Nach der apokalyptischen Invasion des offenen Raumes, schreit man nun notwendig hysterisch nach Abnabelung vom archaischen Ursprungsmythos und der letalen Verheißung der totalitären Allmacht, um nicht in den Abgrund gerissen zu werden. Das Faktische manifestiert sich fragmentarisch in virtuellen Parallelräumen, die sich zu bestimmten Zeiten und unter spezifischen Bedingungen einander annähern oder kreuzen. Räume erscheinen und verlöschen an Kreuzungen im Gemenge der Signifikanten. In einer Zeit der Implosion der Dualismen von Subjekt und Objekt, von Innen und Außen, von Idealismus und Naturalismus, von Künstlichem und Nichtkünstlichem, scheint nichts Originäres mehr lokalisierbar. Wir rekurrieren auf Simulakren und Hologramme, die zwar historisch, aber ohne Ursprung geblieben sind. Wie selbstlos darf ein partielles Selbst in solch nomadischen Zeiten sein, um überhaupt bestehen zu können? Wir werden zur virtuellen Ressource unserer selbst. Identität ist zu einer Applikation geworden, der jegliche anthropologische Konstante abhanden gekommen ist. Die Programmatik solch postmoderner Entwürfe des Selbst, verheißt nichts Biblisches mehr. Die Arche Noah der Identitäten, treibt längst nicht mehr an der Oberfläche des Sichtbaren. Unsere Hausboote und Bauwerke haben sich in uns verkrochen, bewohnen uns, treiben uns auf Reisen in ein ungeahntes Selbst, das unter die Haut geht. »Nanolabs« und »Mikrofluide« bilden exzentrische Highways des Lebens, generieren »Architanten« und »Archonauten« in den Weiten der Mikroozeane. Stellt sich hier nicht zwangsläufig die Frage nach einer Architektonik der Innerlichkeit? Der Himmel über uns ist zum Gesetz in uns geworden. Und welche Gesetze ermächtigen ein Selbst im integrierten Schaltkreis, das sich nirgendwo mehr befindet? Welche Prothesen zur Beschreibung einer neuen Optik werden obligat um ein solches Selbst nicht aus den Augen zu verlieren? Oder wird hier womöglich abermals die Herrschaft des »einen« stigmatisierenden Sichtfeldes veranschlagt? Wo entstehen die Visionen von Weltgebäuden, die längst nicht mehr nur eine vollkommene Welt beherbergen? Wer sind die partialen und artefaktischen Demiurgen, die jeglichen Holismus scheuen und dennoch Netzwerkkolonien in interaktiven Zwischenräumen zu gründen vermögen? Ich befinde mich auf der Suche nach eben solchen A-Topoi, die eigenwillige Räumlichkeiten für Schnittperspektiven eröffnen, um zahllosen Akteuren an zahlenlosen Nicht-Orten, zahllose Spielvarianten zu ermöglichen. Der strukturierte Aufbau eines komplexen Ganzen hat sich als Architektur der Semantik von »Mikro-Größen« herausgestellt. Wir sind komplex interagierende Gebilde, die einander in jeder Sekunde, zu jeder Zeit, mit jedem Wort begegnen und konstituieren. Wir fühlen uns da zu Hause, wo wir unter bestimmten Rahmenbedingungen, auf gemeinsame Sprachformen treffen. Wie sehr sehnen wir uns nach einem erbaulichen Satz, nach einer erbaulichen Minute, nach einem Akt des Aufeinandertreffens, der sich nicht zuletzt durch den Prozess der Verschaltung Einzelner ergibt. Wir wohnen, indem wir uns einander nähern und so »ent-fernen«, also Ferne wegnehmen, die wiederum die Differenz einer anderen Position eröffnet. Solche Positionierungsstrategien oszillieren zwischen lokalen Perspektiven, die sehr variabel und dennoch präsent sind.
Entweder – Oder beschreibt daher ein Modell der kreativen Selbstausschaltung, das einer Menagerie an Freischaltungen von Selbstentwürfen, entsprechen könnte. Dabei verfalle ich gerne einem Gedanken, der nicht aufhören will, mich aus dem Diskurs der wissenschaftlichen Verbindlichkeiten und seines Jargons der Uneigentlichkeit hinauszujagen. »Entweder – Oder« bedeutet mir eine Geschichte, die sich ständig »Selbst« neu erfinden muss. Und hier mag die volle Kontingenz meines Daseins zum tragen kommen, jede Ausschaltung der monströsen Narrative, die alles an mir zu einem Produkt der großen Perioden verkommen lassen, erweist sich als essentielles Bedürfnis. Nein, meine Geschichte muss aufhören, die Geschichte aller zu sein.